Ja das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstrasse; mit schöner Aussicht, ländlich mondän. Vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – aber abends zum Kino hast dus nicht weit… (Zitat aus >Das Ideal< von Kurt Tucholsky)
Das Berufsbild des Innenarchitekten, so wie es sich heute darstellt, hat sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt. Die Gestaltung von Innenräumen war bis dahin vor allem eine Aufgabe der Künstler, Baumeister und Kunsthandwerker und war somit wenigen Piviligierten vorbehalten. Der zunehmende Wohlstand des Bürgertums führte jedoch zu höheren ästhetischen Ansprüchen an die Gestaltung des eigenen Wohnumfeldes.
Um die Jahrhundertwende gipfelte diese Entwicklung im Jugendstil. Mit ihm entstand eine Bewegung, die alle Bereiche des Lebens als Gesamtkunstwerk einschloss. Als Reaktion auf seine teilweise verspielten, ornamentreichen Dekore entwickelten sich in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts jedoch die ersten Gegenbewegungen, die sich für mehr Sachlichkeit und Strenge einsetzten: Der Deutsche Werkbund und das Bauhaus. Ab 1920 nimmt der Innenarchitekt zunehmend seine aktuellen Aufgaben wahr, seine Tätigkeiten konzentrieren sich aber noch hauptsächlich auf die Oberflächengestaltung (Fußböden, Tapeten etc.) und die Gestaltung von Möbeln.
Erst nach dem Krieg prägt sich das Berufsbild in seiner heutigen Vielfältigkeit aus. Der Hintergrund: Die Tradition des modernen, rationalen Bauens, die sich vor allem in den USA nach 1945 ausbildet. Mit ihr entwickelt sich ein völlig neues Bewusstsein für die Verknüpfung von Innen und Außen. Das Ergebnis: Eine enorme Popularitätssteigerung des Berufes des Innenarchitekten. Nicht mehr der Einrichter privater Räume, sondern Gestaltung öffentlicher Räume gilt jetzt zunehmend sein Augenmerk.